Dezember 2021
Publikation: Focus Magazin
Moderner Sisiphos
Ein Gespraฬˆch mit Jonathan Franzen, einem der bedeutendsten amerikanischen Schriftsteller, uฬˆber Amerika, Europa, das Klima, die Pandemie und den Roman.
Bild: Janet Fine
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Bild: ยซDie Gegenwart ist so kompliziertยป: Autor Franzen

Er sitzt in seinem Behelfsbuฬˆro bei sich zu Hause am Rand der Kleinstadt Santa Cruz in Nordkalifornien, zwischen dem Highway 1 und dem Pazifik. Der 62-Jaฬˆhrige hat vor kurzem ยซCrossroadsยป, seinen sechsten Roman, veroฬˆffentlicht. Es handelt sich dabei um eine Familiengeschichte, wieder โ€“ mit ยซDie Korrekturenยป veroฬˆffentlichte er vor zwanzig Jahren wohl den ersten grossen amerikanischen Roman des 21. Jahrhunderts und schrieb sich damit als einen der wichtigen Autoren auf die Literatur-Landkarte. Franzen, der kinderlos mit seiner Partnerin zusammenlebt, hat als junger Mann eine Zeitlang in Deutschland gewohnt, seither spricht er deutsch und liest deutsche Literatur im Original. Er interessiert sich ausserdem fuฬˆr die Geschehnisse im ehemaligen Gastland und in Europa.

MvH: Sie wollten dieses Gespraฬˆch fruฬˆhestens ab 11.30 Uhr fuฬˆhren โ€“ gehen Sie morgens Wellen reiten oder Voฬˆgel beobachten, oder sind Sie Langschlaฬˆfer?
Jonathan Franzen: Ich bin Fruฬˆhaufsteher. Heute kam dazu, dass ich mit meinem Buฬˆro umziehen musste, deshalb habe ich keine gute Umgebung fuฬˆr unseren Skype-Call.

Skype ist ziemlich nuller Jahre, aber Sie urteilen ja streng uฬˆber Technologie beziehungsweise die Unternehmen dahinter.
Ich vermeide es, neue Apps auf meinen Geraฬˆten zu installieren. ยซZoomยป habe ich allerdings auch, ich habe die meisten Interviews fuฬˆr mein neustes Buch fernmuฬˆndlich gegeben, da mir aus pandemischen Gruฬˆnden vom Reisen abgeraten wurde. Was mich nicht gestoฬˆrt hat, nebenbei erwaฬˆhnt.

Vor vier Jahren, als wir uns das letzte Mal getroffen haben, sass ein neuer, umstrittener Praฬˆsident im Weissen Haus. Nun gibt es dort einen anderen neuen Praฬˆsidenten, der Ihren Vorstellungen eher entspricht. Amerika und die Welt scheinen aber keine besseren Orte geworden zu sein.
Ja, einverstanden. Dennoch ist es eine Erloฬˆsung, nicht laฬˆnger einen Clown an der Spitze zu haben und seinen Launen ausgesetzt zu sein. Ich denke, mit seinem Narzissmus, seinen Tweets und Provokationen hat er die meisten Menschen ermuฬˆdet. Es ist erfrischend, einen langweiligen Praฬˆsidenten zu haben. Moฬˆglicherweise ist es nicht gut fuฬˆr die Demokratische Partei, doch fuฬˆr die Allgemeinheit ist es eine Erleichterung.

Doch abgesehen vom Ton, der freundlicher ist, hat sich wohl noch nicht viel geaฬˆndert, beispielsweise in der Aussenpolitik oder was die Einwanderung betrifft. In der Wirtschaftspolitik wird wenigstens von hoฬˆheren Steuern fuฬˆr Superreiche gesprochen, was den harten Linken gefaฬˆllt, und es wurden Ausgabenprogramme beschlossen.
Ja, mag sein. Aber Amerika ist nicht Daฬˆnemark oder Schweden. Amerika ist ein grundsaฬˆtzlich konservatives Land. Es gab Augenblicke in der Geschichte โ€“ nach der Grossen Depression oder in der Zeit der Buฬˆrgerrechtsbewegung โ€“, als es so aussah, als wuฬˆrde Amerika ein wenig sozialdemokratisch. Doch das waren Ausreisser. Die Menschen in Amerika und besonders die, die einwandern, sind mehrheitlich keine Teamplayer. Amerika zieht Leute an, die bei sich zu Hause anecken. Lange Zeit meinten die Parteioberen der Demokraten, die meisten Latinos oder Asiaten seien ihre Waฬˆhler. Weil es sich dabei um Nichtweisse handelte, die sich bei den Republikanern nicht willkommen fuฬˆhlten. Doch das war ein Fehlschluss. Einwanderer kommen nach Amerika wegen des Kapitalismus, sie wollen reich werden. Deshalb ist Sozialismus in Amerika schwer verkaฬˆuflich.

Sie haben gesagt: ยซIch bin enttaฬˆuscht von linken Parteien und Politikern. Die Linke ist verloren. Unter anderem darum, weil sie keine Antwort darauf hat, wie Regierungen mit grossen Technologieunternehmen umgehen sollen.ยป Die Regierung unter Praฬˆsident Trump hat es immerhin versucht.
Das Narrativ hat sich veraฬˆndert. Tech-Konzerne hatten zehn Jahre lang freie Hand, viele Menschen glaubten ihnen, dass sie die Welt verbessern wollten. Das ist anders seit fuฬˆnf Jahren. Die Linken haben erkannt, wie maฬˆchtig soziale Netzwerke geworden sind, dass sie erst die Wahl von Trump zum Praฬˆsidenten mit ermoฬˆglicht haben. Seither wird Facebook oder Twitter anders wahrgenommen โ€“ die meisten Menschen erkennen, dass Technologiefirmen auch nur grosse Unternehmen sind, die moฬˆglichst viel Geld verdienen wollen und denen man nicht trauen kann. Soziale Medien wirken spaltend, sind ausbeuterisch, koฬˆnnen toฬˆten โ€“ im besten Fall machen sie einen bloss abhaฬˆngig.

Das erzaฬˆhlen Sie seit fuฬˆnfzehn Jahren โ€“ bekommen Sie juฬˆngst eigentlich Beifall dafuฬˆr?
Mir ist nicht ganz klar, woher dieser Beifall kommen sollte. Unternehmenschefs moฬˆgen Kritiker wie mich nicht. Und dass Trolle, die mich angegriffen haben, sich ploฬˆtzlich einsichtig zeigen und sagen: ยซHey, Jon, entschuldige, dass wir dich fertigmachen wolltenยป, ist unwahrscheinlich, es entspricht nicht der Natur des Menschen.

ยซEinwanderer kommen nach Amerika wegen des Kapitalismus, sie wollen reich werden.ยป

Ein anderes Feld, auf dem Sie seit noch laฬˆngerer Zeit unterwegs sind als Warner, ist der Umweltschutz respektive sind die Folgen des menschengemachten Klimawandels.
Ja, richtig. Und die Folgen davon sind wahrscheinlich noch bedrohlicher. Wir muฬˆssen anerkennen, dass die Schaฬˆden des Klimawandels nicht mehr aufzuhalten sind und schon gar nicht ruฬˆckgaฬˆngig gemacht werden koฬˆnnen. Im besten Fall sind wir in der Lage, die Katastrophe zu verzoฬˆgern.

Kann es sein, dass Sie dramatisieren?
Nein, das denke ich nicht. Aber diese Verteidigungslinie hat Tradition. Den Satz: ยซDas ist das Jahrzehnt, in dem wir den Verlauf umdrehen muฬˆssenยป, habe ich vor 25 Jahren zum ersten Mal gehoฬˆrt. Dann war die Deadline ploฬˆtzlich 2010, dann 2020, jetzt sei sie 2030 ... Im Sport nennt man das ยซdie Torpfosten waฬˆhrend des Spiels verschiebenยป. Und das Aussergewoฬˆhnliche daran: Sogar Leute, die sich als Klimaaktivisten beschreiben, fallen darauf herein. Gestern haben sie in derย New York Timesย einen Umweltschuฬˆtzer wiedergegeben, der es kritisierte, wenn Paare heute beschloฬˆssen, keine Kinder haben zu wollen wegen der Folgen des Klimawandels. Er sagte, das sei unlogisch, denn wir lebten im Jahrzehnt, in dem wir den Verlauf umdrehen muฬˆssten. Laฬˆcherlich.

Andererseits war an der kuฬˆrzlich durchgefuฬˆhrten Klimakonferenz in Glasgow zu sehen, dass sich China, Russland, Indien oder Brasilien nicht mal mehr Muฬˆhe geben, ihre Indifferenz gegenuฬˆber Klimaschutzmassnahmen zu verstecken.
Wenn es nicht so traurig waฬˆre, koฬˆnnte man lachen. Tatsaฬˆchlich amuฬˆsiert es mich seit langem, auf Zeitungstitelseiten Artikel uฬˆber die aussichtslose Lage im Kampf gegen den Klimawandel oder die draฬˆngende Notwendigkeit der Verringerung des CO2-Ausstosses zu lesen. Und im naฬˆchsten Zeitungsbund, in derย New York Timesย ist das der Wirtschaftsteil, zu erfahren, dass Wachstum das Mass der Dinge sei. Waฬˆchst die Wirtschaft, wird gejubelt, sind die Zahlen stabil oder gehen sie sogar zuruฬˆck, gibt das Grund zur Sorge, zu Verzweiflung gar. In Europa sieht man es gleich. Mit anderen Worten: Es muss was unternommen werden gegen diese unangenehme zukuฬˆnftige Klimakatastrophe, das ist klar, aber nicht auf Kosten des Wachstums. Doch das ist ein Widerspruch. Die berechtigte Frage waฬˆre: Wann verabschieden wir uns von der Idee des immerwaฬˆhrenden Wirtschaftswachstums?

Kennen Sie die Antwort?
Nun, es wird uns aufgezwungen werden. Und ungluฬˆcklicherweise mit unvorstellbarem menschlichem Leiden verbunden sein. Nehmen wir die Herstellung von Strom: Es ist uns gelungen, den Anteil des Angebots von erneuerbarer Energie zu steigern. Aber nicht in dem Umfang, in dem der Gesamtenergieverbrauch zugenommen hat. Das ist keine vielversprechende Ausgangslage.

Auf die Frage, ob Sie Pessimist seien, haben Sie mal gesagt, Schriftsteller duฬˆnken einen zwar oft pessimistisch, doch sie bringen in ihren Texten eine groฬˆssere Hoffnung zum Ausdruck: Die Wahrheit wird nicht aussterben. Ihre Wahrheiten zurzeit sind recht unkomfortabel.
Ja, leider. Und ich fuฬˆrchte, ich habe mehr davon: Wir betreiben Raubbau an den Vorraฬˆten der Erde. Dieser Umstand im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der weite Gegenden unbewohnbar machen wird, fuฬˆhrt zum Grundgefuฬˆhl bei vielen Menschen, dass die guten Zeiten demnaฬˆchst vorbei sind. Und bald Massen von Einwanderern sich in ihrem Land niederlassen koฬˆnnten. Worauf ein Verteilkampf um natuฬˆrliche Ressourcen ausbrechen wird. Und dieser duฬˆrfte mit einem Ruฬˆckzug der Laฬˆnder aus internationalen Organisationen und Staatenbuฬˆnden einhergehen.

Bis jetzt ist Migration aber mehrheitlich Flucht vor Kriegen oder Krisen, nicht Folge des Klimas.
Ja, bestimmt. Abgesehen von Einzelfaฬˆllen โ€“ der Buฬˆrgerkrieg in Syrien etwa laฬˆsst sich wahrscheinlich auf die Folgen einer langen Trockenheit zuruฬˆckfuฬˆhren, die hohe Arbeitslosigkeit und grosse Armut in Teilen des Landes ausloฬˆste. Was schliesslich junge Menschen ohne oฬˆkonomische Perspektive dazu brachte, gegen die Regierung zu rebellieren.

Zur Pandemie: Zurzeit herrscht ein Clash zwischen Impfbefuฬˆrwortern und -gegnern. Libertaฬˆre, Reaktionaฬˆre, ganz Linke, Anthroposophen sowie angeblich immer mehr sogenannte normale Leute demonstrie- ren gegen Zugangsbeschraฬˆnkungen fuฬˆr Ungeimpfte. Haben Sie das kommen sehen?
Nein, aber es hat mich auch nicht uฬˆberrascht. In Amerika gibt es eine starke staatskritische Stroฬˆmung, Leute, die sich alsย libertariansย bezeichnen. Sie moฬˆgen die Regierung nicht, egal, welcher Partei ein Politiker angehoฬˆrt, und sie misstrauen Experten. Dann gibt es noch die Trump-Anhaฬˆnger, die immer genau das tun, was die Demokraten am meisten aufregt. Was mich dagegen verwunderte, am Anfang wenigstens, war die Ablehnung der Impfung bei den Minderheiten, denย hispanicsย und Afroamerikanern. Sie waฬˆhlen im grossen Ganzen demokratisch. Bei denย blacksย hat es wohl damit zu tun, dass sie der Regierung nicht trauen โ€“ immerhin wurden sie 400 Jahre lang im Stich gelassen. Doch die Gruฬˆnde der Mexikaner kenne ich nicht. Viele von ihnen sindย frontline workersย [Pflegerinnen und Pfleger etwa] und also gefaฬˆhrdet, dennoch laฬˆsst sich ein grosser Teil nicht impfen. Deshalb kam ich uฬˆbrigens fruฬˆh zu meiner Impfung: Ein Freund arbeitet fuฬˆr einen Berufsverband und wurde mit Impfstoff fuฬˆr gefaฬˆhrdete Mitglieder beliefert, doch diese fragten so wenig davon nach, dass er Freiwillige suchte, die sich das Vakzin vor dem Ende der Haltbarkeit spritzen liessen.

ยซWir ertrinken in Kommentaren und Versuchen, die Welt zu erklaฬˆren.ยป

Sie haben gesagt, als Romancier interessiere Sie das Leben Ihrer Protagonisten mehr als grosse Gesellschaftstheorien . . .
Das ist so, das habe ich gesagt.

. . . und das erklaฬˆrt, weshalb Ihr juฬˆngstes Buch, ยซCrossroadsยป, ist, wie es ist โ€“ man erfaฬˆhrt viel uฬˆber die Befindlichkeit der handelnden Figuren und weniger uฬˆber die soziale Realitaฬˆt Amerikas oder der Welt. Weshalb haben Sie sich dafuฬˆr entschieden?
Na ja, es ist kein neuer Entscheid. Klar, manche Schriftsteller moฬˆgen den Anspruch haben, etwas uฬˆber die Gegenwart oder eine Zeit auszusagen, aber das ist Unsinn. Ich verstehe es auch nicht als meinen Auftrag. TV-Serien koฬˆnnen das besser. Zudem glaube ich nicht, dass es viele Leute gibt, die einen Roman lesen, um etwas uฬˆber das Zeitgeschehen zu lernen.

Sie sprechen der Literatur den Anspruch ab, etwas uฬˆber das Zeitgeschehen auszusagen?
Ich hatte diesen Ehrgeiz auch โ€“ in den fruฬˆhen 1980er Jahren, als ich anfing, zu schreiben und daruฬˆber nachzudenken, ob ich Schriftsteller werden solle.

Und?
Es hat uฬˆber zehn Jahre gedauert, bis ich herausfand: Es mag unser Ehrgeiz sein, die Realitaฬˆt abzubilden. Aber das interessiert keinen. Darum habe ich damals gesagt: Zur Hoฬˆlle mit dem Sozialroman, ich machโ€™ was anderes.

Schwer zu glauben, wenn man Ihre Romane kennt, vor allem ยซUnschuldยป und ยซFreiheitยป.
Okay, ich muss zugeben, dass ich nicht ganz aufrichtig bin. Dass ich tatsaฬˆchlich noch nie einen Roman geschrieben habe, ohne davor genau hingesehen zu haben, was gerade passiert in der Welt da draussen, woruฬˆber die Leute sprechen und sich aฬˆrgern. Es reizt mich, Stoffe anzupacken, die viele Leute veraฬˆrgern. Und weil sich die Leute uฬˆber Themen des Zeitgeschehens am meisten aฬˆrgern, ziehen mich diese Themen an. Andererseits kann ich nur zum Schluss kommen, wenn ich die moderne Realitaฬˆt ansehe, dass ich den richtigen Entscheid gefaฬˆllt habe. Die Gegenwart ist so kompliziert โ€“ ich erkenne keinen gangbaren Weg, alles in eine Geschichte, eine Handlung zu packen. Die beste Chance, meinem Anspruch gerecht zu werden, war, den Blick auf Individuen zu richten und sie umfassend wiederzugeben. Andererseits widerspiegeln ihre Gefuฬˆhle und Handlungen die Zeit und Umwelt, in der sie leben. So fuฬˆhrt die Wiedergabe des kleinen Bilds paradoxerweise zur scharfen Sicht auf das grosse Ganze. ยซCrossroadsยป ist mein erster Roman, der nicht in der Gegenwart spielt, sondern in den 1960er und 70er Jahren. Das hatte etwas Befreiendes: Ich musste keine politischen oder sozialen Geschehnisse von, sagen wir, 1971 erklaฬˆren, sondern konnte mich auf das beschraฬˆnken, was ich am besten kann.

Naฬˆmlich?
Dreidimensionale Charaktere und komplizierte Psychologie beschreiben. Wir ertrinken in Kommentaren und Versuchen, die Welt zu erklaฬˆren; Tausende von Leuten erzaฬˆhlen uns, was weshalb geschieht. Einige davon sind Schriftsteller, weil man das auch in Romanen ausdruฬˆcken kann. Allerdings nicht sehr effektiv, schon weil es so lange dauert, bis ein Buch geschrieben ist. Romane sind am besten geeignet, komplexe Innenleben wiederzugeben. Das ist meine Meinung, und darum gehe ich mit meiner Fiktion in diese Richtung.

ยซAuch wenn man nicht viel erreicht mit seinem Einsatz, ist es immer noch besser, als nichts zu tun.ยป

Falls Sie Ihre Ankuฬˆndigung einhalten und die Protagonisten respektive deren Nachkommen begleiten, werden Sie sich im zweiten oder dritten Band mit Donald Trump beschaฬˆftigen muฬˆssen sowie mit der Cancel-Culture [Absage- und Loฬˆschkultur] oder der Wokeness [erhoฬˆhte Sensibilisierung fuฬˆr soziale Ungerechtigkeit].
Was in der Fortsetzung von ยซCrossroadsยป geschehen wird, muss ich erst entscheiden. Ich bin gewillt dranzubleiben, aber es ist nicht einfach. Betreffend Trump halte ich mich, Stand heute, an Karl Kraus [oฬˆsterreichisch-ungarischer Schriftsteller, 1874โ€“ 1936], sein erster Satz in ยซDie Dritte Walpurgisnachtยป [Essay von 1933] war: ยซMir faฬˆllt zu Hitler nichts ein.ยป Und danach rechnet er auf 300 Seiten mit den Nazis ab.

Weshalb haben Sie bis jetzt nichts uฬˆber Donald Trump geschrieben?
Weil ich bis jetzt das Gefuฬˆhl hatte, nichts uฬˆber ihn schreiben zu koฬˆnnen, was nicht bereits gesagt wurde. Uฬˆber soziale Medien und ihre Auswirkungen habe ich schon geschrieben. Und in ยซFreiheitยป [2010] ging es um die grosse kulturelle und politische Spaltung Amerikas. Der Romancier sollte nicht den Schlagzeilen hinterherhecheln, er soll sich das ansehen, woruฬˆber es keine Schlagzeilen gibt. Ich wollte beispielsweise nie ein Buch uฬˆber die Anschlaฬˆge vom 11. September 2001, diese nationale Tragoฬˆdie, schreiben. Die Vorstellung, ich solle meine Vorstellungskraft nutzen und beschreiben, was von CNN nicht beschrieben werden konnte, ist das Gegenteil meines Verstaฬˆndnisses des Romans.

Sie haben gesagt, nach einem Roman, an dem Sie jahrelang arbeiteten, muฬˆssen Sie was anderes tun, ein Sachbuch schreiben oder journalistische Texte. Doch ยซCrossroadsยป ist Teil eins einer Trilogie โ€“ Sie werden also die naฬˆchsten Jahre daran sitzen.
Ich habe aber nicht gesagt, wann die naฬˆchsten Teile erscheinen werden. Jour- nalistisch arbeiten konnte ich juฬˆngst kaum, weil man nur schwer reisen konnte, was fuฬˆr meine Artikel wichtig ist. Ich bin unter anderem an der Uฬˆbersetzung von Thomas Brussigs gutem und lustigem Buch ยซAm kuฬˆrzeren Ende der Sonnenalleeยป ins Englische. Und ich arbeite immer wieder mal an Drehbuฬˆchern fuฬˆr TV-Filme oder -Serien, die auf meinen Buฬˆchern fussen.

Was bisher aber selten zu einem Ergebnis fuฬˆhrte, das ausgestrahlt wurde, und daher wohl keine so gute Erfahrung war.
Doch, die Erfahrungen mit der ยซUnschuldยป-Serie waren gut โ€“ super Regisseur, super Schauspieler [darunter Daniel Craig].

Ja, aber keine TV-Show, die man zu sehen bekam [wegen Uฬˆberschneidungen mit ยซJames Bondยป-Dreharbeiten wurde die geplante zwanzigteilige Serie nicht gedreht; bei der ยซKorrekturenยป-Verfilmung gab es seinerzeit ebenfalls Probleme].
Mag sein, aber das ist mir letztlich egal. Ich vertrete den Ansatz, ยซder Herstellungsprozess ist wichtiger als das fertige Produktยป. Das ist eine 1970er-Jahre-Haltung, auf die man heute nicht mehr oft stoฬˆsst, aber es ist meine. Und der Herstellungsprozess der Drehbuฬˆcher war wirklich befriedigend.

Interessante Aussage fuฬˆr einen Schriftsteller, dessen Ausstrahlung vom Produkt abhaฬˆngt, nicht vom Prozess. Ein wenig eitel vielleicht?
Offensichtlich wuฬˆnsche ich mir, dass sich meine Buฬˆcher gut verkaufen, fuฬˆr mich und meine Verleger. Aber ich habe auch erkannt uฬˆber die Jahre, dass fast nichts, was ich tue, etwas bewegt. In den vergangenen Monaten beispielsweise habe ich zahlreiche Interviews zu meinem neuen Roman gegeben. Ich finde es besser, involviert zu sein als untaฬˆtig. Ich tue also, was ich kann.Doch vermutlich konnte ich die Wahrnehmung des Buchs beim Publikum nicht beeinflussen. Und das wiederum laฬˆsst sich auf, sagen wir, den Zustand des Weltklimas uฬˆbertragen. Ich bin stark engagiert, sitze in Aufsichtsraฬˆten von Organisationen zum Schutz der Natur oder der amerikanischen Gesellschaft zum Vogelarten-Erhalt et cetera. Aber ich musste erkennen, dass meine Kollegen und ich bisher nicht viel erreichen konnten, was zu einer wirklichen Veraฬˆnderung fuฬˆhrte.

Spricht da der Pessimist, der Sie nicht sein moฬˆchten?
Nein, denn auch wenn man nicht viel erreicht mit seinem Einsatz, ist es immer noch besser, als nichts zu tun.

Jonathan Franzen: Crossroads. Rowohlt. 832 S., Fr. 39.90

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